
Das Lieblingsgetränk
Neben Dudelsack und Kilt fällt den meisten Menschen im Zusammenhang mit Schottland meist zuerst Whisky ein. Tatsächlich konsumieren die Schotten jedoch nur einen Bruchteil der im Land produzierten Menge des hochprozentigen Getränks. Der weitaus größte Teil des „Wasser des Lebens“ – abgeleitet vom Gälischen usquebaugh – geht in den Export. Die Schreibweise Whisky stammt übrigens aus Schottland. Im Gegensatz dazu vermarkten die irischen und amerikanischen Hersteller das Getränk seit dem 19. Jahrhundert unter der Bezeichnung Whiskey mit einem zusätzlichen e.
Viele der mehr als 120 Brennereien in den fünf Whisky-Regionen des Landes bieten Touren an, die Interessierten einen Einblick in die komplexe und langwierige Herstellung geben. Meist enden sie mit einem kleinen Probierschluck, dem dram, in einem gut sortierten Shop. Für die meisten Schottland-Urlauber der gehört Besuch einer Brennerei fest zum Programm. Zwei Millionen Menschen waren es laut einem Bericht der BBC im letzten Jahr – ein Rekord.
Die orangefarbene Versuchung
Das heimliche schottische Nationalgetränk kennen indes nur die wenigsten Nicht-Schotten. Dabei ist es in Supermärkten und Getränkeautomaten eigentlich kaum zu übersehen. Leuchtend orange, oft in großen Literflaschen: Irn Bru – die Nr. 1 der schottischen Getränkeproduktion. Über die genaue Zusammensetzung des Erfrischungsgetränks herrscht ein fast so großes Geheimnis wie um die Rezeptur von Coca Cola. Ob Eisen (iron) nur bei der Namensgebung eine Rolle gespielt hat oder tatsächlich enthalten ist, weiß niemand so genau. Ohne Zweifel aber gehören Farb- und Süßstoff zu den wesentlichen Bestandteilen.
Wie sehr die Schotten an ihrem “Nationalgetränk” hängen, zeigte eine Protestwelle, die durch das Land ging, als die Hersteller als Reaktion auf die von der Britischen Regierung eingeführte Zuckersteuer im Jahr 2018 die Rezeptur änderten. Inzwischen haben sich die Wogen geglättet. Heute macht der Verkauf der zuckerfreien Varianten sogar mehr als 40 Prozent des gesamten Umsatzes aus. Denn der unverwechselbare Geschmack, so haben Tests ergeben, ist geblieben.
Doch obwohl der Absatz von Irn Bru in Schottland etwa gleich auf mit Coca Cola liegt, hat das fast neonfarbene Getränk jenseits der Insel die Märkte bisher nicht zu erobern vermocht. Und während Urlaubsgäste über schottische Whiskies schwärmen, wartet Irn Bru noch immer darauf entdeckt zu werden. Lediglich arglose Touristen greifen gelegentlich aus Versehen zu, weil sie den Inhalt der Flaschen der Farbe wegen für Aperol halten. Die Verwechslung fällt jedoch spätestens nach dem ersten Schluck auf. Vielleicht braucht es einfach eine Kindheit in Schottland, um auf den Geschmack zu kommen.